Mit einem Schlag (Zitate)

Aus dem Buch von Frau Dr. Jill B. Taylor.

In unserer Gesellschaft ist der Schlaganfall die häufigste Ursache für körperliche und geistige Behinderungen und die dritthäufigste Todesursache.

... Lediglich 17 Prozent aller Schlaganfälle sind hämorrhagischer Natur. Und jede Blutung im Gehirn ist lebensbedrohlich.

Nach der Operation brauchte ich acht Jahre, um alle körperlichen und geistigen Fähigkeiten vollständig wiederzuerlangen.

Ich musste buchstäblich völlig von vorn anfangen. Gehen. Sprechen. Lesen. Schreiben. Ich musste jede Phase durchlaufen, jede Fähigkeit erst beherrschen, und dann entfaltete sich der nächste Schritt ganz natürlich. Ich musste lernen, erst zu schaukeln und mich herzurollen, bevor ich mich aufsetzen konnte. Ich musste stehen, bevor ich den ersten Schritt machen konnte, und ich musste erst relativ sicher auf den Beinen stehen, bevor ich zum ersten Mal allein eine Treppe hinaufgehen konnte. Ein Physiotherapeut brachte mir bei, wie ich mit Unterstützung Treppen steigen konnte.

Am wichtigsten war jedoch, dass ich bereit war, es zu versuchen. Versuchen ist alles. Versuchen bedeutet, dass ich zu meinem Gehirn sage: Hey, ich möchte diese Verbindung, und ich will, dass es geschieht. Manchmal musste ich tausend Mal versuchen, versuchen, versuchen, ohne dass sich etwas tat, aber wenn ich es nicht versuchte, würde es nie klappen.

Wir jammerten beide nicht über das, was ich nicht konnte, sondern freuten uns über das, was ich konnte. Viele Schlaganfallpatienten beklagen sich, dass sie keine Fortschritte mehr in der Genesung machen, und ich frage mich, ob sie vielleicht nur den winzig kleinen Leistungen, die sie vollbringen, keine Aufmerksamkeit schenken.

Ich wollte unbedingt wieder gesund werden. Ich lebte und war auf dem Weg zur Heilung - nur das zählte. Gesund zu werden war eine Entscheidung, die ich eine Million Mal am Tag traf.

Einen Löffel einigermaßen anständig zu benutzen kostet mich ungeheuer viel Kraft.

Es dauerte lange, bis ich wieder ein Buch lesen konnte. Meine Mutter war zwar eine liebevolle Lehrerin, aber sie war auch unerbittlich und drückte mir ein Kinderbuch in die Hand.

In meiner Informationsverarbeitung schien es eine ernsthafte Lücke zu geben, und häufig konnte ich nicht ausdrücken, was ich dachte. Obwohl ich zum Beispiel ein Glas Wasser wollte und mir in Gedanken auch ein Glas Wasser vorstellte, sagte ich das Wort "Milch". Wenn ich diese Fähigkeit wiedergewinnen wollte, musste ich den Schaltkreis in meinem Gehirn finden und trainieren.

Am Anfang konnte ich noch nicht besonders weit gehen, aber mit hartnäckigem Training schaffte ich schließlich den gesamten Weg.

Ich habe Ärzte sagen hören: "Wenn Sie sechs Monate nach dem Schlaganfall noch nicht all Ihre Fähigkeiten wiedererlangt haben, dann bekommen Sie diese auch nicht wieder." Glauben Sie mir, das stimmt nicht. Mein Gehirn hat noch acht Jahre nach dem Schaganfall ständig dazugelernt. Wissenschaftler wissen ganz genau, dass das Gehirn je nach Stimulation seine Verbindungen ständig verändern kann, und aufgrund dessen kann es auch verlorene Funktionen wiedergewinnen.

Meine Energie war so beschränkt, dass wir jeden Tag sehr sorgfältig überlegen mussten, wofür ich sie einsetzte. Ich musste Prioritäten setzen, welche Fähigkeiten ich am dringendsten zurückgewinnen wollte, um meine Energie nicht zu verschwenden.

Die Frage, die man mir am häufigsten stellt, ist: "Wie lange hat es gedauert, bis Sie wiederhergestellt waren?" Darauf antwortete ich gewöhnlich: "Inwiefern wiederhergestellt?" Wenn wir Genesung oder Heilung so definieren, dass wir den Zugang zu alten Programmen wiederherstellen, dann bin ich nur teilweise wiederhergestellt.

Im vierten Jahr war mein Gehirn wieder zu mehreren Aufgaben gleichzeitig in der Lage - wie zum Beispiel zu telefonieren, während das Nudelwasser kochte.

Das Highlight im sechsten Jahr nach dem Schlaganfall war die Erfüllung meines Traums, so kräftig geworden zu sein, dass ich zwei Treppenstufen auf einmal nehmen konnte.

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Helga - Gehirnblutung
Mauthausen
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